Schneller als das Licht | Der Alcubierre-Antrieb

Nichts ist schneller als das Licht...

... also wie kann man übermorgen schon bei Alpha Centauri sein und seinen Morgenkaffee auf einer fremden Welt genießen?

Definitiv nicht mit einem klassischen, chemischen, Antrieb. - Pexels.com, CC0 Lizenz.

Die physikalischen Grundlagen

Alpha Centauri - Nur einen galaktischen Katzensprung von unserer Sonne entfernt, denn mit einer ungefähren Entfernung von 4,34 Lichtjahren (41 Billionen Kilometer, eine Zahl mit 12 Nullen) zu unserer Sonne, ist das Doppelsternsystem[1] Alpha Centauri zusammen mit dem roten Zwerg Proxima Centauri der uns am nächsten gelegene Stern.
Selbst mit dem schnellsten, von Menschen erbauten, Objekten - den Helios-Sonden, welche eine Geschwindigkeit von 70 km/s erreichten[2] - würde es dennoch ungefähr 18500 Jahre dauern, bis man denn bei diesen Sternen wäre. Folglich brauchen wir etwas, was schneller ist, und bestenfalls auch fähig ist, diese hohen Geschwindigkeiten mit einer größeren Last zu erreichen. Doch, wie wollen wir das erreichen?

Die Lichtgeschwindigkeit liegt bei ungefähr 300'000 km/s im Vakuum. Die Helios-Sonden haben demzufolge nur 0,000233% der Lichtgeschwindigkeit erreicht. Das inhärente Problem in der Lichtgeschwindigkeit ist, sie zu erreichen (oder sich ihr anzunähern) erfordert extrem viel Energie.[3][4] Für die "volle" Lichtgeschwindigkeit benötigt man sogar unendlich viel Energie, und würde dennoch 4,3 Jahre bis Alpha Centauri brauchen, da Objekte mit Masse (also Mensch, Raumschiff, Käsekuchen...) niemals auf genau die einfache Lichtgeschwindigkeit oder drüber kommen können. Wenn man bedenkt, dass andere Sterne ganze dutzende bis hunderte Lichtjahre entfernt sind und wir Jahrzehnte bis Jahrhunderte brauchen um diese im Idealfall zu erreichen, merkt man erst, wie "langsam" Lichtgeschwindigkeit doch ist.
Das ist einfach nicht praktikabel.

Warum wollen wir eigentlich gar keine Lichtgeschwindigkeit erreichen?

Ein sehr gutes Argument gegen eine Reise mit Lichtgeschwindigkeit ist nicht nur der hohe Energieverbrauch (und das 300'000 km/s nicht genug sind) sondern auch die Zeitdilatation![5][6]
Die Zeitdilatation ist - vereinfacht gesprochen - eine "Verkürzung der Zeit aus der Sicht des Betrachters". Salopp gesprochen kann man somit "in die Zukunft reisen".
Der im ersten Bild dargestellte Lorentzfaktor drückt aus, inwieweit sich die Zeit für ein bewegtes Raumschiff mit steigender Geschwindigkeit "verlangsamt". Umso schneller ein Raumschiff sich bewegen würde, umso langsamer vergeht für den Kommandanten des Schiffes die Zeit. Zwar wird die Zeit noch immer gleich schnell wahrgenommen, doch sieht es aus dem Fenster des Raumschiffes so aus, als würde alles um ihn herum "rasen".
Veranschaulicht ist das im Bild unten. A und B sind an unabhängigen Orten im Ruhezustand. Für sie vergehen drei Minuten. C bewegt sich von A nach B in diesen drei Minuten. C ist nun allerdings nur 2 Minuten älter. Demzufolge ist C in die Zukunft gereist.

Auf Wikipedia ist verdeutlicht, dass man bei 10% der Lichtgeschwindigkeit auf eine Reisedauer von 42,4 Jahren (nach Alpha Centauri) ungefähr 0,2 Jahre/10 Wochen in die Zukunft reist. Sollte man allerdings mit ganzen 99% der Lichtgeschwindigkeit reisen können, so überbrückt man die Strecke nach Alpha Centauri in nur 7 Monaten! Problematisch ist allerdings, dass nun auf der Erde dennoch 4,28 Jahre vergangen sind - nur fühlten sich diese 4,28 Jahre eher wie 0,6 Jahre an. Theoretisch ist man nun wirklich in die Zukunft gereist.
Lorentzfaktor
Wikipedia, Klamann, Gemeinfrei.

Sekunden vergangen für bewegtes Objekt,
Wikipedia, D.H., CC-BY-SA.

Zu beobachten ist dieser Effekt auch insbesondere mit relativ geringen Geschwindigkeiten bei Satelliten und GPS-Systemen. Da sich die Satelliten in der Erdumlaufbahn mit einer Geschwindigkeit von 28'000 km/h bewegen (oder "fallen") sind dort bereits Korrekturen in den Uhren dieser notwendig um (z.B.) die GPS-Systeme synchron zu halten.[5][7][11]

Also stehen nun die Probleme fest und unabwendbar im Raum, dass man
  1. nicht schneller als Lichtgeschwindigkeit reisen kann.
  2. die Zeit auf der Erde normal weiter läuft und man dennoch extrem große Reisezeiten hat.
Wie schaffen wir es also nun, uns in Tagen oder Stunden zwischen den Sternen zu bewegen - ohne Zeitdilatation und ohne Verletzung von physikalischen Gesetzen?

Ein Warp-Antrieb ist die Lösung!

Streng genommen müssen wir uns selbst dafür nicht einmal bewegen - und das unser kleines Geheimnis! Wer nicht beschleunigt, der hat auch keine Zeitdilatation, und derjenige läuft auch nicht Gefahr die Lichtgeschwindigkeit brechen zu wollen indem er unendliche Mengen Energie in sein Raumschiff pumpt - die Energie brauchen wir woanders.

Genauer gesagt rede ich von dem Alcubierre-Antrieb, einer Form des Warp-Antriebes, welcher das Potenzial hat, unsere Reise durch das Weltall zu revolutionieren![9][10][12]

Raumzeitkrümmung, Wikipedia, Mysid, CC-BY-SA.
Der Antrieb beruht auf der Annahme Einstein's Allgemeiner Relativitätstheorie, dass sich der Raum krümmen kann und dies auch aufgrund von Gravitation tut.

Der Alcubierre-Antrieb macht sich nämlich genau diese Raumzeitkrümmung zu Nutze. Vom Prinzip her - und vereinfacht gesprochen - sorgt dieser Antrieb dafür, dass vor dem Raumschiff (zum Beispiel) ein schweres Objekt den Raum "nach unten drückt" und hinter dem Raumschiff ein Objekt negativer Masse den Raum "nach oben drückt".[14]
Schematische Darstellung der Funktionsweise des Alcubierre-Antriebes, Wikipedia, Allen McC., CC-BY-SA.

Nehmen wir diese Theorie einmal, Schritt für Schritt, auseinander.

Wie funktioniert dieser Antrieb nun genau?[10][15]
Objekte mit Masse können sich nicht schneller als das Licht bewegen - allerdings gilt dies nicht für die Raumzeit. Ein Beispiel dafür sind sehr ferne Galaxien, welche wir nie erreichen werden können, da sich diese schneller als das Licht voneinander entfernen, denn hier ist es der Raum, welcher für diese wahnsinnigen Geschwindigkeiten verantwortlich ist.[16]

Es befindet sich ein Raumschiff im Vakuum, im momentanen Stillstand. Dieser Warp-Antrieb sorgt dafür, dass direkt vor dem Raumschiff eine Art "Masseschwerpunkt" entsteht. Eine Masse sorgt dafür, dass sich die Raumzeit krümmt. Diese Krümmung kann man sich wie eine Delle in einer sonst flachen (bzw. flach-dargestellten) Raumzeit vorstellen.
Da sich das Raumschiff nun im Einzugsbereich dieser Delle befindet, "rutscht" das Raumschiff auf dieses Objekt zu als würde man einen Ball einen Berg hinabrollen lassen. In diesem Fall würde dieses Objekt allerdings nur das Raumschiff zu sich hinziehen und sobald das Raumschiff dort angekommen ist wäre Schicht im Schacht.
Nun benötigt man noch eine entgegengesetzte (Antriebs-)Kraft, welche bestenfalls eine negative Masse hat - und in unserem Beispiel mit dem Ball - einen Berg darstellen könnte, welcher immer größer wird (oder nie endet), sodass der Ball - also unser Raumschiff - immer weiter rollen kann.
Dadurch gleitet unser Raumschiff auf einer Welle aus Raumzeit ohne selbst eine Geschwindigkeit zu besitzen. Unser Schiff befindet sich, sozusagen, in einer Blase, welche sich durch das Schieben und Ziehen negativer sowie positiver Masse fortbewegt.
Ganz vereinfacht gesagt.

Since the ship is not moving within this bubble, but is being carried along as the region itself moves, conventional relativistic effects such as time dilation would not apply. Hence, the rules of space-time and the laws of relativity would not be violated in the conventional sense.
- Universe Today


Was ist "Negative Masse"?[17]
Negative Masse ist prinzipiell das gleiche wie Positive/Normale Masse, wobei allerdings nur das Vorzeichen umgedreht wurde. Das bedeutet, aus 10 Kilogramm werden ganz einfach (würde man es in negative Masse umwandeln) -10 Kilogramm. Diesbezüglich stellen sich viele Fragen, wie zum Beispiel, ob eine einwirkende Kraft auf diese negative Masse diese anziehen oder abstoßen würde (wie es bei positiver Masse der Fall ist). Sollte es allerdings möglich sein eine solche negative Masse zu erzeugen, dann würde der Alcubierre-Antrieb in greifbare Nähe rücken, da man so "abstoßende Partikel/Masse" - von der Theorie her - hätte.

Es wurde allerdings bisher keine "echte" negative Masse gefunden und man kann davon ausgehen, dass diese physikalisch nur schwer zu erreichen (fast unmöglich) ist, da dies mindestens einer Energiebedingung widerspricht.

Die "gefundene" "negative" Masse aus Rubidium-Atomen - wie es die Medien gerne beschreiben - bei annähernd absoluten Nullpunkt[18] verhält sich wie es von einem Bose-Einstein-Kondensat zu erwarten war, nicht aber wie die erdachte/erhoffte negative Masse.
Hence Bondi pointed out that two objects of equal and opposite mass would produce a constant acceleration of the system towards the positive-mass object, an effect called "runaway motion" by Bonnor who disregarded its physical existence [...]. Such a couple of objects would accelerate without limit (except relativistic one); however, the total mass, momentum and energy of the system would remain 0.
[...]
This behavior is completely inconsistent with a common-sense approach and the expected behaviour of 'normal' matter; but is completely mathematically consistent and introduces no violation of conservation of momentum or energy. If the masses are equal in magnitude but opposite in sign, then the momentum of the system remains zero if they both travel together and accelerate together, no matter what their speed.
- Runaway Motion, Negative Mass, Wikipedia
Für den Alcubierre-Antrieb würde man Schätzungen und Berechnungen zufolge ungefähr die Masse von Jupiter (1,899 · 10^27 kg) bis hin zur Voyager 1 (~750 kg) positiver Masse benötigen.
Negative Masse hingegen wird, nach Berechnungen von Serguei Krasnikov, mit einigen "wenigen Milligramm"[12][19] ausreichend sein. Allerdings ist es nach Van Den Broeck's Auffassungen noch immer (oder: bisher) unmöglich diese negative Masse für diesen Zweck zu erzeugen.

Abschließend kann man diesbezüglich zusammenfassen, dass es vermutlich noch ein weiter und aufwendiger Weg bis zum Alcubierre-Antrieb ist, allerdings spricht nichts fundamentales dagegen, diesen nicht zu realisieren. Das ist eine sehr komplexe Aufgabe, doch vermutlich wird diese unser Ticket zu den Sternen sein.
Mit etwas Glück erreichen wir in den nächsten Jahrzehnten einen derartigen technologischen Durchbruch, dass wir sowohl gewillt sind andere Sterne zu bereisen, als auch dann die nötige Technologie dazu haben.

Wir könnten ohne Probleme also wirklich unseren morgendlichen Kaffee nur nach wenigen Wochen Reisezeit auf einem fremden Planeten genießen! Wäre das nicht traumhaft?

Per Aspera Ad Astra!




Quellen:
  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Alpha_Centauri#Alpha_Centauri_als_Doppelsternsystem
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Helios_(Sonde)
  3. https://www.theguardian.com/science/2014/jan/12/einstein-theory-of-relativity-speed-of-light
  4. https://science.howstuffworks.com/science-vs-myth/what-if/what-if-faster-than-speed-of-light.htm
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitdilatation
  6. https://www.quora.com/Is-it-possible-for-humans-to-ever-travel-at-or-near-the-speed-of-light-If-not-what-is-the-fastest-we-can-possibly-go
  7. https://www.esa.int/esaKIDSde/SEMLNIXJD1E_Liftoff_0.html
  8. VSauce bezügl. Längenkontraktion/Zeitdilatation
  9. https://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/20110015936.pdf
  10. https://en.wikipedia.org/wiki/Alcubierre_drive / https://de.wikipedia.org/wiki/Warp-Antrieb
  11. http://www.quantenwelt.de/technik/GPS/relativitaet.html
  12. http://one-mind.net/nasa-entwickelt-warp-antrieb-um-nach-alpha-centauri-zu-reisen/
  13. https://en.wikipedia.org/wiki/IXS_Enterprise
  14. PBS Space Time, YouTube, über den Alcubierre-Antrieb
  15. https://www.universetoday.com/89074/what-is-the-alcubierre-warp-drive/
  16. http://curious.astro.cornell.edu/physics/104-the-universe/cosmology-and-the-big-bang/expansion-of-the-universe/1066-can-two-galaxies-move-away-from-each-other-faster-than-light-intermediate
  17. https://en.wikipedia.org/wiki/Negative_mass
  18. https://phys.org/news/2017-04-physicists-negative-mass.html
  19. http://adsabs.harvard.edu/abs/2000AIPC..504.1105V + http://adsabs.harvard.edu/abs/2003PhRvD..67j4013K

Zum Thema und vielleicht von Interesse:
  1. https://www.n-tv.de/wissen/Wie-man-schneller-als-Licht-reisen-koennte-article19579362.html
  2. http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2015/04/29/die-nasa-hat-einen-ueberlichtschnellen-warp-antrieb-erfunden-schon-wieder-nicht/
  3. https://futurezone.at/science/vielleicht-haben-wir-in-100-jahren-einen-warp-antrieb/154.213.638
  4. https://www.wissenschaft.de/allgemein/warp-antrieb-und-wurmloecher/
  5. https://morgenwacht.wordpress.com/2017/12/23/wie-die-nasa-ihren-allerersten-warpantrieb-bauen-koennte/

Mit interstellaren Grüßen,
Serylt

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