Angst vor Zahnpasta? | Panikmache Fluorid!

Künstlich Natürlich! Oder Natürlich Künstlich?
Effektives Marketing.

Viele stellen sich Fluorid scheinbar so, oder so ähnlich, vor. - Pixabay.com, CC0 Lizenz.
Man hört es leider immer wieder.
Behauptungen, dass Fluorid gefährlich ist, und nur ein "natürlicher" Schutz gegen Karies helfen soll.
Die Zahnpflege mit Hydroxylapatit bietet einen klinischen Kariesschutz, der vergleichbar zu konventionellen fluoridhaltigen Zahnpasten ist. Allerdings ist Hydroxylapatit ein biomimetischer Wirkstoff, wohingegen Fluoride körperfremd sind und kritisch diskutiert werden.[1C]
So why avoid fluoride containing products? a quick google search shows the following: (1) Weakens Skeletal Health (2) Causes Arthritis (3) Toxic to the Thyroid (4) Harmful to Male and Female Fertility (5) Accelerates Female Puberty (6) Bad for Kidney Health (7) Harmful to the Cardiovascular System (8) Negative Cognitive Effects i.e lowers IQ (9) Calcifies the Pineal Gland - regulates body rhythms and wake-sleep cycles[2C]
Auch erschreckend ist, dass bei der ersten Google-Suche nach Fluorid die Seite Zentrum der Gesundheit angeboten wird.
Zwar sind Fluoride nicht derart toxisch wie Fluor. Doch giftig sind sie dennoch – je nach Dosis. Schon allein die Warnhinweise auf manchen Zahncremes lassen nichts Gutes ahnen. Auch schadet es nicht, sich das Leid der vielen Millionen Chinesen und Inder in Erinnerung zu rufen, die an Knochenleiden erkrankt sind, weil sie regelmässig fluoridreiches Wasser (ca. 1 - 4 mg Fluorid pro Liter) zu sich genommen hatten.[3C]

Doch, was ist dran an dieser Panikmache und inwiefern wäre es wirklich besser auf Fluorid zu verzichten? Wann hat man denn "zu viel Fluorid", oder ist das alles nur ein Trick cleverer Scharlatane, welche es schaffen, Menschen mittels Angstgefühlen ihr Geld aus ihren Taschen zu ziehen? Und, funktionieren die Alternativen aus, beispielsweise, Hydroxylapatit überhaupt, oder ist Fluorid alternativlos?

Ist Fluorid gefährlich?

Fluorid an sich ist das negativ geladene Ion von Fluor, einem hoch-reaktiven und giften Stoff, und für den Menschen prinzipiell nicht lebensnotwendig, allerdings durchaus lebenswichtig. Wichtig zu verstehen ist, dass die Ionisierung, also das Entfernen oder Hinzufügen (hier) von Elektronen zum Atom/Element, die chemischen Eigenschaften dieses Stoffes grundlegend ändern kann. Sichtbar ist dies gut bei Eisen-II- und Eisen-III-Ionen, welche unterschiedliche Färbungen aufweisen, nur weil das Element sich um ein Elektron unterscheidet. Das Argument, da Fluorid von Fluor abstammt und Bestandteil von Sarin-Gas ist[4C], Fluorid sei unter Betrachtung allgemeiner chemischer Grundsätze gefährlich, muss bedenken, dass die gleiche Chemie auch sagt, inwieweit Fluorid (F-) einen unverzichtbaren Nutzen bringt und eigentlich gar nicht so gefährlich ist, wie manche einem Glauben machen wollen. Viele Behauptungen, dass Fluorid "das pure Böse" seien, messen leider - oder glücklicherweise - mit zweierlei Maß.

Ein Mangel an, oder gar der Verzicht auf, Fluorid ist zwar nicht direkt tödlich wie der Verzicht auf Wasser oder Nahrung im Allgemeinen, dennoch beschleunigt eine fehlende Fluorid-Zufuhr die Entstehung von Karies und sorgt gegebenenfalls für unzureichenden Knochenaufbau.[1P][2P]
Allerdings, wie Paracelsus schon sagte: "Sola Dosis Facit Venenum" - "Nur die Dosis macht das Gift", und so gilt das bei Fluorid, wie es bei Wasser und auch bei Leberkäse gilt.
Man geht davon aus, dass die tödliche Dosis an Fluorid bei einem adulten Menschen zwischen 5-10 Gramm liegt, also 32-64 mg/kg Körpergewicht.[3P]
Es gab einen (vermuteten) Fall von akuter Fluorid-Vergiftung im Jahre 1992 in Alaska[5C], als ein Brunnen, welcher der Trinkwasserversorgung eines Dorfes diente, Fluoridwerte von 6,5-20 mg/l aufwies. In Ländern mit einer Fluoridierung von Trinkwasser, hier den USA, beträgt der Anteil von Fluorid im Wasser ungefähr 1 mg/l, was in ungefähr 3 mg pro Tag resultiert. Es wird hier auch betont, dass es keinen direkten "Fluoridmangel" gibt und demzufolge nicht genau bestimmt werden kann, wie viel es denn nun wirklich bedürft um Karies zu verhindern. Um allerdings aus Wikipedia zu zitieren:
Public Health England, ein wissenschaftlicher Beirat der britischen Regierung, kam nach einer Auswertung dieser Maßnahme im März 2014 zu der Schlussfolgerung, dass die Trinkwasserfluoridierung eine „sichere und effektive“ Maßnahme sei. In der Altersgruppe zwischen ein und vier Jahren seien 45 % weniger kariöse Zähne festgestellt worden. Bei den Fünfjährigen seien es 15 % weniger und bei den Zwölfjährigen 11 %. Als Konsequenz empfahl der Beirat die weitere Ausweitung der Trinkwasserfluoridierung in England.[4P], BBC
Allgemein betrachtet gibt es bei einer normalen Zufuhr von Fluorid und der Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasta demzufolge keine akuten Risiken, wie es viele Dr. Wolffs und weiter Verschwörungstheoretiker einem versuchen zu vermitteln.
Die gefährlichsten Nebenwirkungen von Fluorid sind einerseits die Dental- als auch die Knochen- bzw. Skelettfluorose.
Fakt ist durchaus, dass eine akute Dosis von Fluorid in den genannten Mengen von 32-64 mg/kg tödlich ist, allerdings ist dies selbst grob fahrlässig als Erwachsener nicht zu erreichen. Allerdings laufen Kinder durchaus der Gefahr an einer solchen Dosis zu sterben, wenn diese Fluoridtabletten oder hochkonzentriertes Fluoridgel verschlucken. In diesem Fall sind allerdings, meiner Meinung nach, die Eltern in der Verantwortung.
Chronische Fluorose tritt nach einem längeren Zeitraum (von gut 5 bis 10 Jahren) Fluorid-Zufuhr über 20 Milligramm am Tag auf. Anfängliche Symptome, oder Symptome einer leichten Fluorose, zeigen sich in einer bräunlichen Verfärbung der Zähne, diese beginnt bereits bei über 1 mg/Tag, ist allerdings bei geringen Überdosen nur kosmetisch störend. Eine Nach einem gewissen Zeitraum wird durch die extrem hohe Fluoridkonzentration (+20mg/Tag) der gesamte Körper geschädigt, hin von Nieren über Magen-Darm bis hin zur Haut. Auch können bei solch hohen Dosen die Knochen eine Osteoporose entwickeln und der Zahnschmelz aufweichen.[6C] [7C]
Generell gesprochen, ist diese ausgeprägte Fluorose nur durch außergewöhnlich hohe Fluorid-Zufuhr möglich. Im Gegenzug sind Dosen von 1 mg Fluorid pro Tag unbedenklich und schützen sogar effektiv und bewiesenermaßen vor Karies. Prinzipiell ist es in Europa sowie Nordamerika schwierig an einer Fluoridüberdosis zu leiden, solange man sich die Zahnpasta nicht auf sein Frühstückstoast schmiert.

Demzufolge sehe ich, persönlich, nicht im Geringsten irgendeinen rationalen Anhaltspunkt dafür, warum man auf Fluorid in seiner Zahnpasta verzichten sollte - und das werde ich auch weiterhin nicht tun. Schließlich mag ich keine Karies.
Zahnpasta ist gesund für die Zähne! - Pixabay.com, CC0 Lizenz.

Funktionieren Hydroxylapatit und "natürliche" Zahnpasten überhaupt?

Wir definieren das "natürliche" hier als "auf der Natur beruhend" und "körpereigen", da Behauptungen wie "frei von Chemie" einfach nur lächerlich sind, obwohl mir auch diese Theorien schon untergekommen sind.
Dr. Wolff wirbt damit, dass Hydroxylapatit körpereigen sei, wobei Fluorid körperfremd und deswegen stark kritisiert ist.
Zum Verständnis: Hy-drox-yl-a-pa-tit ist derjenige Stoff aus dem Zahnschmelz gemacht ist. Das Prinzip hinter der Biomimetik ist diesen "Zahnschmelz" einfach auf den Zahn neu aufzutragen. Gut 95% des sogenannten "Enamelum" besteht aus Hydroxylapatit. Fluorid und Hydroxylapatit reagieren miteinander zu Fluorapatit - der Schicht, welche fluoridhaltige Zahnpasta versucht aufzubauen, da diese säure-resistenter als Hydroxylapatit ist.
Um auf das eigentliche Thema zu kommen:
Es gibt momentan zwei - recht bekannte - "biomimetisch" "wirksame" Zahnpasten von "Dr. Wolff". Einerseits "BioRepair" und andereseits "Karex", welche sich wiederum mit einem, vor Angst- und Panikmache strotzendem, Werbespot in Szene setzt.Facebook-Link

Die Zahnärztliche Fachzeitschrift ZM-Online[5P] hat eine Stellungnahme zu diesem Werbespot abgegeben und äußert sich kritisch gegenüber dem Verzicht auf Fluorid und den Einsatz von Hydroxylapatit. Entgegen den Behauptungen auf der Internetseite von Karex, Karex.com[1C], gibt es keine stichhaltigen Beweise dafür, dass Fluorid nicht kariesvorbeugend sei, beziehungsweise, dass es Hydroxylapatit sei.
Gleichermaßen zieht Karex auch einige Schlagzeilen von Zeitungsartikeln kritisch gegenüber Fluorid heran um somit seine Berechtigung als "fluoridfreie Zahnpasta" zu erschleichen.

Doch, inwieweit sind die Behauptungen über Dr. Wolff's "Biomimetik" gerechtfertigt und inwieweit funktioniert "Biorepair"/"Karex"? Ist alles nicht vielleicht einfach nur ein großer Marktbetrug, welcher sich die Ängste der Menschen zu Nutze macht?
Leider scheint die Behauptung von Dr. Wolff nicht fundiert zu sein und wenn man meinen Quellen Glauben schenken darf, so sagen "Medizin-Transparent"[6P], der "Spiegel"[7P] und auch die "Zahnärztliche Mitteilung"[8P], dass Biorepair sowie Karex "ohne wissenschaftliche Evidenz" auskommen. Zitierend aus [8P]:
"Fluorid macht dumm!" titelten damals die Medien. Zu Unrecht, denn die Übertragung der Studienergebnisse auf unsere Verhältnisse hält einer kritischen Beleuchtung natürlich nicht stand. [...]
Wie die Bundeszahnärztekammer[9P] mitteilt, verzeichnet sie momentan verstärkt Anfragen von verunsicherten Verbrauchern. Aktuell stellt sie deshalb auf ihrer Homepage wissenschaftliche Informationen zur Verfügung, die belegen, dass Fluoride in Zahncremes unbedenklich und kariespräventiv wirksam sind.

Diesbezüglich sind die Quellen 5P bis 9P sehr ausschlaggebend und untermauern meine These, dass Fluorid in der Zahnpasta ungefährlich ist, sowie dass biomimetische Wirksamkeit nur ein Marketing-Gag ist, welchen man boykottieren sollte.


Tatsächlich, oder scheinbar, scheint die einzige, funktionierende, Alternative zu Fluorid wohl der Verzicht auf Zucker, Süßigkeiten und Leckereien, sowie Obst und Fruchtsäuren zu sein. Da unser Mund nicht steril und nicht selbstreinigend ist benötigt er Pflege. Dies geschieht am besten, und einfachsten, mittels einer Zahnbürste und fluoridhaltiger Zahnpasta.

Zahnpflege ist wichtig, und auch ungefährlich! - Pixabay.com, CC0 Lizenz.

Abschließend möchte ich sagen, dass es mich zutiefst betrübt, dass es viele Menschen gibt, welche glauben, dass Fluorid in ihrer Zahnpasta gefährlich sei und auch an deren Verstand appellieren sich erneut über Fluorid auch aus anderen Quellen zu belesen und nicht nur ihrer einen Quelle glauben.
Gratulation denen, die es schaffen, ohne Fluorid - oder gar ohne Zahnpasta - ihre Zähne frei von Karies zu halten, allerdings darf man nicht die vorteilhafte Wirkung einer fluoridhaltigen Zahnpasta ignorieren oder gar verleumden.
Ich bitte euch, habt keine Angst! Stellt Nachforschungen an!


Quellen:
Pro:
[1P] - https://www.centrosan.com/Wissen/Naehrstoff-Lexikon/Spurenelemente/Fluorid.php
[2P] - https://eatsmarter.de/thema/mineralstoffe/fluorid
[3P] - https://en.wikipedia.org/wiki/Fluoride_toxicity
[4P] - http://www.bbc.com/news/health-26729484
[5P] - https://www.zm-online.de/news/zahnmedizin/stellungnahme-zur-karex-werbung-von-dr-wolff/
[6P] - https://www.medizin-transparent.at/hydroxylapatit
[7P] - http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/biorepair-was-taugt-das-zahnwunder-aus-der-tube-a-1028057.html
[8P] - https://www.zm-online.de/news/zahnmedizin/zahnpastahersteller-schuert-angst-vor-fluorid/
[9P] - https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/fluoride.pdf
Contra:
[1C] - https://www.karex.com/de-de/wirkweise/nutzen-oder-schaden-fluoride-der-gesundheit/
[2C] - https://steemit.com/health/@dasczecher/don-t-use-tooth-paste-containing-fluoride
[3C] - https://www.zentrum-der-gesundheit.de/fluorid.html
[4C] - https://www.spirituellerverlag.de/die-fluorid-lüge/ - Oi Vey.
[5C] - http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJM199401133300203
[6C] - https://de.wikipedia.org/wiki/Fluorose
[7C] - https://de.wikipedia.org/wiki/Zahnfluorose
[8C] - Manchmal schäme ich mich einfach nur für solche Pseudowissenschaften.

Mit bissigen Grüßen,
Serylt

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